Die Delegation aus Bersenbrück macht sich wieder auf den Weg, nur Gudrun bleibt noch etwas länger. Die Mutter von Leszek hat das Frühstück vorbereitet und weil sie so viele Geschichten zu erzählen hätte, bin ich auch schon eingeladen. Babcia Edwina - Oma Edwina – wie sie Gudrun nennt, wohnt im neueren Teil der Stadt, nördlich der Eisenbahnstrecke. „Die Stadt hat in den 70er Jahren einen Boom erlebt mit dem Bau des benachbarten Elektrizitätswerkes“, erklärt mir Leszek, wobei er hinzufügt, dass die Gemeinde gegenwärtig ca. 21.000 Einwohner zählt. Edwina erwartet uns bereits. Doch wie eine Großmutter sieht sie gar nicht aus, bis auf die weißen Haare! Bereits wenig später gibt sie mir eine sehr spezielle Lektion in Geographie. Aus dem Gedächtnis zählt sie mir die 11 Orte auf, in denen sie einmal lebte und schildert die Zeit des Krieges, als ihre Familie zwischen den Deutschen und den Russen hin- und hergeworfen wurde. Mehrmals musste die Familie aufbrechen, ohne etwas mitnhmen zu können, um der Front zu weichen. Edwina erinnert sich an alles, ohne Bitterkeit und Rache. Gudrun ist sehr bewegt. Ich meinerseits bemerke die Ähnlichkeiten in den Geschichten der Vertriebenen von deutscher Seite und von polnischer Seite. Edwina bringt selbstgebackenen Kuchen und wir sprechen von leichteren Dingen wie der polnischen Tradition, die Namenstage zu feiern. In Polen wird der Namenstag ähnlich gefeiert wie hierzulande der Geburtstag. „Sehr praktisch für diejenigen, die ihr zunehmendes Alter nicht mehr feiern wollen“, scherzt Leszek. „Bei uns sind es die Katholiken, die ihren Namenstag feiern“, sagt Gudrun. Edwina serviert derweil den Pfirsichlikör, ein Geschenk anlässlich ihres Namenstages.
1 Kommentar zu "Die Geschichten von Großmutter Edwina …"
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