Peter bin ich in Ziltendorf, etwa zehn Kilometer nördlich von Eisenhüttenstadt, begegnet. Dort, wo ich eigentlich meinen morgendlichen Kaffee trinken wollte. Die Cafés des Dorfes waren noch geschlossen, als mir dann Peter vorgeschlagen hat, einen in seinem Garten zu trinken… man sollte nicht damit rechnen, dass ich nein sage! Unter der Morgensonne erkläre ich ihm das Projekt Veloblog. Mir kleine Geschichten über die Region von deren Einwohnern mit Hinblick auf die deutsch-polnischen Beziehungen erzählen zu lassen. „Mensch, du wirst damit einen Bestseller schreiben können!“, entgegnet mir Peter, mit lachenden Augen hinter der Brille. Was Geschichten anbelangt, davon hat Peter wirklich gute auf Lager. Er verfügt außerdem über das Geschick, sie zu erzählen, für denjenigen, der ihm zuzuhören weiß. Denn die Polen, gibt Peter zu bedenken: „Diese Schlitzohren, sie bauen ein Auto auseinander, um es im Taschenformat über die Grenze zu bringen und bauen es auf der anderen Seite wieder auf, um es weiter zu verkaufen!“ Jetzt ist es raus. Aber versteht das nicht falsch, nein, denn die Polen sind die besten Ingenieure der Welt, „sie wissen wie’s geht“. Gleiches gilt fürs Benzin: „Sie mischen und verdünnen dir das ganze. Und das funktioniert, denn die Deutschen sind so blöd und fahren kilometerweise und füllen ihre Tanks mit Benzin, das 10 Cents billiger ist!“ Peter kann sich nicht beherrschen. Und seitdem er 1995 vier Monate in Radnica verbracht hat, kann er eine Menge Geschichten erzählen! Alles begann damit, als er mit dem Fahrrad nach Urad fahren wollte, einem polnischen Dorf gegenüber von Aurith, auf der anderen Seite der Oder. Das war nicht wirklich einfach, er musste dort drei Anläufe nehmen, bevor er den richtigen Weg fand. „Du denkst, dass das alles nahe bei einander ist, bloß um die nächste Ecke, aber tatsächlich musst du einen derartigen Umweg machen!“ Und er erzählt mir von seinen damaligen Eindrücken: „In Polen sind sie 20 bis 30 Jahre hinterher, mit den wilden Müllhalden mitten im Wald, wie damals bei uns zu DDR-Zeiten.“ Peter beschreibt mir die Orte: Die „Skleps“, der „Konsum“, die arbeitslosen Männer, die billigen Wein trinken, um die Zeit tot zu schlagen und die den Neuankömmling anbetteln. „So ist das in Polen, du hast kein Sozialsystem wie hier, um die Menschen aufzufangen. Es gibt sehr Reiche und sehr Arme. Und die Unterschiede, in Gottes Namen, tja, die sind groß!“ Peter erzählt mir von einer adretten Villa, nicht weit vom Konsum der Trinker. „Als ich dort vorbei gefahren bin, ist eine Dame in den Garten hinaus getreten, sehr elegant, angezogen wie eine Französin. Ich dachte, sie wäre Moulin Rouge entsprungen!“ Ohne Papiere und mit dreißig Pfennigen in der Tasche ist Peter vier Monate in Radnica geblieben. „Ich habe auf den Feldern ausgeholfen und ich hatte immer etwas, wo ich meine Wäsche waschen konnte, etwas zu essen und ein kleines Zimmer, erzählt er mir bevor es aus ihm herausplatzt: „Die wissen wie man die Kartoffeln anbaut da drüben! Der Ackergaul sah dort nichts mehr, die Maschine war zur Hälfte abgeschraubt und der Fahrer ziemlich blau!“ Aber ja, das war eine schöne Zeit. So viel ist sicher! Trotzdem hat Peter entschieden, zurück zu kehren. Auch wenn er in Deutschland keine Arbeit hat. Und obwohl er keinen Ausweis hatte. Ein polnischer Freund schlägt ihm vor, die Grenze bei Guben-Gubin im Kofferraum seines Mercedes’ zu überqueren. Für zwanzig Deutsche Mark. Peter willigt ein, er hat keine Wahl und möchte gerne zurückkehren. Und dann der Meinungswechsel: Beim Annähern an den Grenzposten steigt er nicht in den Kofferraum, sondern geht direkt auf die Zollbeamten zu. Um sich zu arrangieren. Wie üblich. Der polnische Zollbeamte ist einverstanden. Wenn es der deutsche auch ist. Kurzer Austausch zwischen den beiden. Zustimmendes Kopfnicken. Und so ist Peter zurück im Land. Er zögert nicht, eine junge Französin in seinem Garten zu empfangen, um seine Abenteuer zu erzählen. Das ist Peter. Er ist wirklich sehr freigiebig: Vom Kaffee bis zur Willensäußerung und schließlich schlägt er mir sogar vor, sein bonbon-rosa Zelt einzuweihen. Was mich mit den Gärten versöhnt!
9 Kommentare zu "Die fabelhafte Welt des Peter Voigt"
Coucou Charlotte et surtout felicitations pour etre arrivee jusque la! tout ce que tu racontes me fait penser qu’en fait, meme au temps ou l’Allemagne de l’est et la Pologne etaient dans le bloc communiste, et alors que maintenant, elles sont toutes les deux dans le giron de l’U.E., les relations bilaterales sont celles qui ont plutot prevalu sur un sentiment d’appartenance a un bloc commun. QU’est-ce que tu en penses ? Est-ce que tu as le meme sentiment ? est-ce que tu as l’impression qu’il y ait eu une rupture des relations, y compris entre les personnes, entre le moment ou l’Allemagne etait reunifiee et ait rentree dans l’Europe et le moment ou la Pologne est rentree dans l’Europe? Bonne continuation ! Prends aussi le temps de te reposer ! Roubles arts? les polonais? hihihi…ich hatte beim Lesen dieses Beitrages jede Menge Spaß gehabt. Ich kenne den Peter zwar nicht, habe aber trotzdem das Gefühl, dass ich ihn ganz bestimmt sehr mögen würde. Voilà une histoire qui montre à quel point les frontières sont dans les esprits autant que sur les cartes… Vivant en Angleterre, cela dit, je découvre un peu plus tous les jours le mélange de mauvais préjugés et de curiosité admirative que ressentent beaucoup d’Anglais pour les Français et vice-versa. Polonais et Allemands seraient-ils les “meilleurs ennemis” de l’Est ? Vu la photo, on pensait tente rose bonbon, tente Décathlon…nous sommes déçus, c’est la tente de Peter aux bonnes histoires!! C’est l’histoire d’un mec sur l’Oder avec une tente rose (rause comme on dit par chez moi) qui avait décidé de la prêter à une jeune française qui, ne perdant pas les pédales face à cet objet qui en aucun cas ne pouvait être issu de l’ingénierie hexagonale, décida, à titre d’expérimentation et puisqu’il ne faut pas mourir idiot, de la planter dans le jardin du mec. Punkt Pfiuu… bravo à celui ou celle qui arrive à déchiffrer cette phrase sans guidon ni pédales, avec beaucoup trop de pronoms relatifs ;p Préférez la qualité, préférez le style véloblog :) Je tiens à préciser aux “fans de” que Peter m’a dernièrement informée par courrier postal qu’il avait réussi à traduire le commentaire de sieur Bruno de A à Z … chapeau bas à l’autodidacte! Alors là… Chapeau bas également ;p
Amanda am 27. November 2012 um 10:09
und im September gibt es dann obendrauf noch eine Sonderausgabe der Reitschul-Zeitschrift MEGAFON mit vileen tollen Artikeln zum Thema Reithf6lle ! Freude herrscht. Erich H. hat da einen wunderbaren Kreativite4tschub in der Provinzstadt Bern ausgelf6st Hinterlasse einen Kommentar
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